Joschka Kursawe (Seebrücke Oldenburg)
Spätestens seit dem langen Sommer der Migration 2015 sind Flucht und Asyl konstante Themen im medialen und politischen Diskurs in Deutschland. Dabei werden Menschen auf der Flucht zumeist als „fremdartige“ Bedrohung konstruiert. Ab und zu gibt es einen Aufschrei über besonders brutale Abschiebungen oder wenn an den EU-Außengrenzen mal mehr Menschen als sonst in Seenot verstorben sind. Doch über punktuelle und individuelle moralische Aufmerksamkeit reichen diese Momente nicht hinaus – und das obwohl, bzw. gerade, weil menschenverachtende Praktiken an den europäischen Außengrenzen Alltag und System sind.
Trotz mehr als 52.760 verstorbenen Migrant*innen an den europäischen Außengrenzen seit 1990 bis Juni 2023, wird nur selten versucht das System, das diese Menschen ermordet, als solches zu verstehen und zu dekonstruieren. Dafür lohnt es sich, einen Blick auf die globalen Verstrickungen und deren Entstehen im heutigen globalen Kapitalismus zu werfen. Denn die Festung Europa und ihr Grenzregime ist nicht durch Zufall im luftleeren Raum entstanden. Sie ist das Ergebnis Europas kolonialer Vergangenheit und der Ausbeutung des globalen Südens damals wie heute.
Entgegen gängigen Interpretationen sollte die in verschiedenen politischen Spektren beliebte Phrase „Fluchtursachen bekämpfen“, also den Kapitalismus an sich angreifen, statt „Entwicklungshilfe für Afrika“ zu bedeuten.
Im Vortrag wird genauer auf die menschenverachtenden Praktiken an den europäischen Außengrenzen eingegangen und der hier skizzierte Zusammenhang von Flucht(-ursachen) und Kapitalismus ausgeführt.